Wandteppich-Trilogie

Gott Vater - Sohn - Heiliger Geist (von links)

Entstanden sind die Teppiche unter der künstlerischen Leitung der Geislingerin Annemarie Mayer-Obst zusammen mit ihrer Stickgruppe im Jahre 1989.

Seit den frühesten Zeiten gehört es zu den Zielen künstlerischer Darstellungen, dem Göttlichen menschlichen Ausdruck zu geben. Ganz sicher wollen diese Wandteppiche zum Thema der Dreieinigkeit Gottes nicht Bildnis dieses Gottes im Sinne eines Kultbildes sein, welches durch ein Abbild die Präsenz einer Gottheit verehren will. Die nicht gegenständliche Darstellung verhüllt eher und bringt so die Unverfügbarkeit zum Ausdruck, die Wandteppiche sagen etwas über das Wesen Gottes aus, sie sind nicht Bildnis Gottes, sondern eher Sinnbild. Ein Bild ist nach C. G. Jung symbolisch, wenn es mehr enthält, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Diese Kunstwerke wollen zum genauen Betrachten auffordern, zu eigenen Gedanken verhelfen und Anregungen zur Meditation über Gott geben. Das Wesen guter Kunstwerke drückt sich darin aus, dass sie sich für den Betrachter nie erschöpfen, man entdeckt immer wieder neue Dimensionen. Das Werk beginnt so zu sprechen und eine Möglichkeit soll nachfolgend dargelegt werden.

Gott Vater

Beherrschend ist hier zunächst das Blau in seinen verschiedenen Tönen, Ausdruck für Herrschaft, für Kälte, für Unnahbarkeit, für´s Majestätische. Die Bedeutung in der darstellenden Kunst sieht Blau als die tiefste und am wenigsten materielle Farbe, das Medium der Wahrheit, die Transparenz der komprimierten Leere: in der Luft, dem Wasser, dem Kristall. Darum ist Blau die Farbe des Firmaments. Blau besagt Treue, ist schwer fassbar, verschwimmend, in die Tiefe ziehend, oder auf Gott Vater bezogen: entzieht sich unserem Begreifen, sich nie ersschöpfend, fern verhüllt; Herr der Herrlichkeit. Manche empfinden das Blau als die eigentliche Farbe des religiösen Lebens, weil es uns in die Stille führt und uns das Umfangen des unsichtbaren Gottes deutlich macht: von allen Seiten umgibst du mich. Die Luft, die wir atmen, ist noch sichtbar, aber wir brauchen sie immerzu, um leben zu können. So sind wir auf den unsichtbaren, aber uns gnädig zugewandten und uns umfangenden Gott angewiesen. Beim weiteren Betrachten stellen sich verschiedene Gedanken ein: ist dies Sinnbild für Urmeer "und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser", oder ist dies eher eine Darstellung des komplexen Kosmos, im Mittelpunkt, dem Ganzen Ordnung gebend, Gott Vater.Der gelbe Mittelpunkt, steht er für freundliche Zuwendung zum Menschen? Hebt die Freundlichkeit der Wärme des gelben Zentrums nicht die Unnahbarkeit des majestätischen Blau teilweise wieder auf? Doch die Verbindung zwischen Himmel und Erde wird erst im mittleren Bild kenntlich.

Der Sohn

Der Sohn umgeben und ausgestattet mit Blau, also Vollmacht des Vaters schafft die Verbindung zum Menschen, zur Erde, hier grün dargestellt, Gott wurde Mensch in Jesus Christus. In einem Punkt wird die Darstellung fast gegenständlich greifbar: Im Zentrum des Bildes ist die Dornenkrone erkennbar, nur angedeutet in ringförmiger Anordnung weniger Stacheln, doch sofort verständlich: die Herrlichkeit Gottes wird gekreuzigt, das Rot steht für das Blut, das für uns vergossen wurde. Und durch die Dornenkrone hindurch, nein über sie hinweg strahlt und glänzt die goldgelbe Farbe in eigentümlicher Hoheit. Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? Das Gold weist über unser irdisches Leben hinaus. Der Seher Johannes spricht von der goldenen Stadt Jerusalem, die unvergänglich ist und ihre Herrlichkeit nicht einbüßt. Wir schauen voraus und erhoffen dan Aufgang einer goldenen Sonne, die nicht mehr untergeht. Christus ist die "Sonne der Gerechtigkeit", "das Licht der Welt".

Der Heilige Geist

Der Wandteppich ist Ausdruck der Dynamik des Heiligen Geistes, eine starke Bewegung geht durch das Bild von oben nach unten, vom Himmel zur Erde. Fast gegenständlich erahnbar stößt eine Taube diagonal nach unten, einen Kraftwirbel in der Mitte einschließend, nach oben geöffnet und die Dimensionen des Bildes sprengend. Unerschöpfliche Kraft, wo ist das Ende, Kraft, schöpfend aus unermesslicher Weite. Grenzenloses Reservoir der Kraft von oben gerichtet auf den Raum, der weit ausgestreut ohne Begrenzung unten liegt. Dass Gelb des Lichts und das Gold der Sonne vermengt sich mit dem Rot, hier nicht des Blutes, sondern des Feuers, als Zeichen der feuerigen Liebesgewalt des Heiligen Geistes. Gleichzeitig trägt das Bild die blauen Insignien des Gott Vaters, alle drei Bilder bilden so farblich eine Einheit und zeigen uns die Zusammengehörigkeit an, die wir Menschen doch nie vollständig ergründen können: das Wirken von Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist.

 

Friedhelm Wilms